Rheumatische Erkrankungen können schwere Begleiterkrankungen nach sich ziehen, weshalb ein gesunder Lebensstil stets die Basis einer jeden Rheuma-Therapie bilden sollte.
Osteoporose, Herz- und Gefäßerkrankungen oder Alzheimer – rheumatische Erkrankungen können zahlreiche schwere Begleiterscheinungen nach sich ziehen. Wie neuere Forschungsarbeiten zeigen, können antientzündliche Mikronährstoffe wie Selen und Vitamin D vorteilhafte Effekte bei rheumatischen Erkrankungen haben. Neben der traditionellen, antientzündlichen Mittelmeerkost, die auch die Darmflora positiv beeinflusst, sind tägliche Bewegung in der Natur, ein gutes Stressmanagement, ausreichend Schlaf und die Vermeidung von Mikronährstoffdefiziten (insbesondere Selen und Vitamin D) wichtig. Auch Wickel und Auflagen können begleitend zur Standardbehandlung eingesetzt werden.
Entzündlich rheumatische Erkrankungen erhöhen das Risiko für Osteoporose sowie osteoporotische Knochenbrüche, und zwar durch die Krankheitsaktivität, die körperlichen Einschränkungen und die medikamentöse Therapie inkl. Glukokortikoiden wie Kortison.
In Deutschland haben circa 20 Millionen Menschen eine rheumatische Erkrankung. Herz- und Gefäßerkrankungen kommen bei Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen öfter vor als bei Gesunden. Rheuma-Betroffene haben ein erhöhtes Risiko für entzündliche Aktivitäten auch in den Blutgefäßwänden und somit für Arteriosklerose. Eine Herzschwäche ist bei älteren Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) doppelt so häufig wie bei Gleichaltrigen ohne Rheuma. Deshalb sollten Patienten mit RA, Morbus Bechterew oder Psoriasis-Arthritis mindestens alle fünf Jahre zur Herz-Vorsorgeuntersuchung, so der Rat der „Europäischen Liga gegen rheumatische Erkrankungen“ (EULAR).
Oft kommt es nicht nur zu schmerzenden und deformierten Gelenken, sondern auch zu Depressionen oder Alzheimer-Demenz. Eine Gruppe deutscher und US-amerikanischer Wissenschaftler haben nun erstmals einen direkten Zusammenhang entdeckt: Bei RA werden sogenannte Mikroglia, Gewebsmakrophagen (Fresszellen) des Immunsystems, in bestimmten Hirnarealen aktiviert. Die Wissenschaftler nehmen an, dass die Mikroglia durch die anhaltende Stimulation aufgrund peripherer Entzündungen so verändert wird, dass sie den Untergang von Nervenzellen sowie die Hirndegeneration begünstigt. Bei rheumatischen Erkrankungen spielt auch die genetische Veranlagung eine Rolle.
Entzündlich-rheumatische Krankheiten und andere Autoimmunerkrankungen sind durch eine Fehlfunktion des Immunsystems charakterisiert: Körpereigene Strukturen und Gewebe werden zum Gegenstand des Immunangriffs. Entzündungen bis hin zu Gewebezerstörungen sind die Konsequenz. Das Gleichgewicht zwischen entzündungsfördernden und -hemmenden Immunzellen wird auch durch die Darmflora beeinflusst.
Ob eine medikamentöse RA-Therapie erfolgreich ist, könnte von der Darmflora abhängen. Eine in der Fachzeitschrift Genome Medicine erschienene Studie hat ergeben, dass Betroffene mit einer guten Krankheitskontrolle andere Bakterien im Stuhl hatten. Aus der Zusammensetzung der Darmflora ließ sich prognostizieren, ob bei Patienten eine Aussicht auf Besserung bestand. Die Darmflora lässt sich v. a. über die Ernährung beeinflussen.
Laut einer systematischen Übersichtsarbeit mit 70 Humanstudien verringerte die Einnahme hoher Dosen mehrfach ungesättigter Omega-3-Fettsäuren bei RA die Krankheitsaktivität und die Misserfolgsquote der Arzneimitteltherapie. Die Einnahme von Vitamin D und die Einschränkung des Salzkonsums erwiesen sich in manchen Studien als vorteilhaft. Fasten führte zu signifikanten, aber nur vorübergehenden Linderungen. Eine mediterrane Ernährung zeigte Verbesserungen bei einigen Messgrößen der Krankheitsaktivität.
Ein wichtiger Bestandteil der Mittelmeerkost ist der Knoblauch. Er wirkt entzündungshemmend und kann daher bei Patienten mit rheumatoider Arthritis ergänzend eingesetzt werden. Denn die tägliche Einnahme von 1 000 mg über einen Zeitraum von 8 Wochen verbesserte in einer randomisierten, doppelblinden, Placebo-kontrollierten Doppelblindstudie, an der 70 Frauen mit aktiver RA teilnahmen, die Entzündungsmarker (C-reaktives Protein (CRP), Tumornekrosefaktor-α (TNF-α)) und die klinischen Symptome (Schmerzintensität, Krankheitsaktivitäts-Score (DAS-28), Fatigue (Müdigkeit) und die Anzahl der geschwollenen sowie druckschmerzempfindlichen Gelenke) im Vergleich zum Placebo signifikant.
Auch bestimmte antientzündliche Mikronährstoffe wie Selen und Vitamin D können vorteilhafte Effekte bei rheumatischen Erkrankungen haben, wie neuere Forschungsarbeiten zeigen.
Selen
Selen trägt u. a. zu einer normalen Funktion des Immunsystems und zum Schutz der Zellen vor oxidativem Stress bei. Ein Selenmangel wird etwa mit RA, Arthrose und Osteoporose in Verbindung gebracht. Ein Defizit beeinflusst den normalen Knochen- und Knorpel-Zustand über oxidative Stress- und Immunreaktionen. Forscher aus Südkorea und China vermuten, dass Selen auch bei Arthrose eine Rolle spielen könnte, da es für die Aufrechterhaltung des Knorpelgewebes wichtig zu sein scheint. Laut italienischen Wissenschaftlern ist Selen ferner für ein gesundes Knochengerüst von Bedeutung. Reduzierte zirkulierende Selenspiegel werden u. a. mit Osteoporose nach den Wechseljahren in Zusammenhang gebracht.
Vitamin D
Vitamin D trägt u. a. zu einer normalen Funktion des Immunsystems, zur Erhaltung einer normalen Muskelfunktion und normaler Knochenstruktur bei. Es hat einen bedeutenden Stellenwert in der Orthopädie und Traumatologie (Verletzungen und deren Folgen). Das immunmodulierende Hormon spielt eine wichtige Rolle im Kalzium- und Phosphat-Stoffwechsel sowie bei der Skelettmineralisierung. Diverse Studien fanden eine Beziehung zwischen geringeren Vitamin-D-Spiegeln und RA. Ein Vitamin-D-Mangel war bei älteren Arthrose-Patienten (Hüfte und Knie) mit einem höheren Schweregrad der Erkrankung, Verschlechterungen des funktionellen Status sowie der Gleichgewichtsfähigkeit assoziiert.
Ein präoperativer Vitamin-D-Mangel kann die frühen funktionellen Ergebnisse bei postmenopausalen Frauen nach einer Total-Endoprothese des Knies negativ beeinflussen. Ferner erwiesen sich ein Vitamin-D-Defizit, Rauchen und ein hoher Body-Mass-Index (BMI) als unabhängige Risikofaktoren für moderate bis schwere Knieschmerzen nach dem chirurgischen Eingriff. Zudem besteht offenbar ein Zusammenhang zwischen niedrigen Vitamin-D-Werten und orthopädischen Infektionen.
In einer deutschen Studie wiesen 62,7 Prozent der Patienten mit Fragilitätsfrakturen des Beckens, die 80 Jahre oder älter waren, einen Vitamin-D-Mangel auf. Fragilitätsfrakturen sind Knochenbrüche, die durch akute, also einmalig einwirkende, Kräfte bei gestörter Knochensubstanz entstehen. Sie sind besonders oft bei Osteoporose zu beobachten. Bei geriatrischen Patienten, die sich einer orthopädischen Operation unterzogen haben, führte ein Vitamin-D-Defizit zu einer höheren Sturzrate, so eine deutsche Arbeit.
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