Wir werden immer älter, aber leider nicht immer gesünder. Für ein langes, fittes und gesundes Leben bedarf es einiger Anstrengungen. Bewegung ist dabei das Zauberwort. Mit dem richtigen Engagement gewinnt man Jahre und Kraft. shape UP zeichnet den Weg zum Erfolg nach.
Ein langes Leben zu erreichen ist in Deutschland einfacher denn je zuvor. Laut Statistischen Bundesamt lag die durchschnittliche Lebenserwartung vor einem Jahr für neugeborene Mädchen bei 83,3 Jahren und für Jungen bei 78,5 Jahren. Auch die Chancen, 100 Jahre alt zu werden, stehen nicht schlecht. Das Max-Planck-Institut für demografische Forschung in Rostock errechnete, dass von den 2019 geborenen Mädchen jedes dritte Mädchen und jeder zehnte Junge die dreistellige Zahl erreichen werden.
Dass Bewegung hilft, gesund alt zu werden, scheint zunächst keine besonders spektakuläre Erkenntnis zu sein. Das Wissen darum ist aber entweder weniger verbreitet als gemeinhin angenommen oder wird vielfach erfolgreich verdrängt. Christoph Englert, Leiter der Forschungsgruppe Molekulare Genetik am Leibniz-Institut für Altersforschung in Jena, bestätigt dies gegenüber Spektrum.de: „Viele unterschätzen, wie enorm groß der Einfluss der Bewegung auf die Gesundheit und das Altern tatsächlich ist“. Es folgt der Verweis auf eine Studie von Wissenschaftlern um Peter Schnohr vom Bispebjerg University Hospital in Kopenhagen. Nach den Erkenntnissen aus Dänemark leben Menschen, die regelmäßig joggen, im Durchschnitt vier bis fünf Jahre länger als Inaktive. Und das selbst, wenn man andere Unterschiede im Lebensstil berücksichtigt. Mit 60 bis 100 Minuten leichtem Joggen pro Woche lasse sich dabei der größte Effekt hinsichtlich der Sterblichkeit erzielen.
Dass körperliche Bewegung eine wirkungsvolle „Anti-Aging-Medizin“ ist, belegt auch eine Vielzahl weiterer Studien. Laut Ärzteblatt senken schon 15 Minuten Bewegung am Tag das Risiko, vor dem Erreichen der statistischen Lebenserwartung zu versterben, um 14 Prozent. Jede weitere Viertelstunde bringe weitere vier Prozent Plus, wobei sich dies natürlich nicht unendlich steigern lässt. Insgesamt lasse sich das Sterberisiko um knapp die Hälfte reduzieren, nämlich wenn rund 50 Minuten intensiver Sport pro Tag auf dem Programm stehen. Eine Erklärung für derartige Effekte lieferte ein deutsches Forscherteam: Regelmäßiger Ausdauersport von dreimal 45 Minuten pro Woche erhöhe die Aktivität des Enzyms Telomerase, das die Telomere (Schutzkappen der Chromosomen) verlängert und Körperzellen dadurch „verjüngt“.
Widmen wir uns nach diesen eher allgemeinen Empfehlungen nun den konkreten Gegenmaßnahmen bei bestimmten typischen Alterserkrankungen.
Sportliche Aktivität kann Diabetes hinauszögern oder sogar verhindern, denn sie erleichtert Körperzellen die Aufnahme von Glukose aus dem Blut. Dies lässt den Blutzuckerspiegel sinken und die Insulinsensitivität steigen. „Neben Ausdauersport eignet sich insbesondere Muskelaufbautraining im Kampf gegen Diabetes“, erklärt Prof. Dr. Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule Köln im Ärzteblatt. Denn Muskeln seien wahre Zuckerfresser. Die positiven Effekte von Muskelaufbau auf den Glukosespiegel sind mitunter schon nach einer Woche Sport im Blut sichtbar, doch genauso schnell können sie auch wieder verblassen: Um die Wirkung aufrechtzuerhalten, sollten Trainingspausen daher nicht länger als zwei Tage andauern.
Regelmäßige Bewegung tut nachweislich auch dem Herz-Kreislauf-System gut, wobei laut Froböse rund 3,5 Stunden moderater Sport pro Woche optimal für die Herzgesundheit sind. Die Gründe für die positiven Effekte seien vielfältig. Trainieren senkt den systolischen/diastolischen Blutdruck, wovon naturgemäß besonders Hypertoniker (Hypertonie = Bluthochdruck) profitieren. Zudem verbessere körperliche Aktivität das Lipidprofil, heißt, das „gute“ HDL-Cholesterin steigt an, während die Konzentration von Triglyceriden (Neutralfetten) sinkt, die in zu hoher Dosis potentiell schädlich sein können.
Auch das durch Corona zur aktuellen Berühmtheit gelangte Immunsystem profitiert von einem gesunden Maß an Bewegung. Ältere Menschen, die ihr ganzes Leben viel Ausdauer und Krafttraining betrieben hatten, wiesen in einer Studie deutlich aktivere B- und T-Zellen im Blut auf, wodurch sie weniger anfällig für Infektionen, chronische Entzündungen und Autoimmunerkrankungen werden.
Auch im Hinblick auf zahlreiche Krebsarten kann ein ausreichendes Maß an Bewegung verschiedenen Untersuchungen zufolge einen schützenden Effekt haben. Das liegt speziell daran, dass regelmäßiger Sport natürliche Killerzellen aktiviert, deren Aufgabe unter anderem die Bekämpfung von Krebszellen ist. Wenn die WHO-Empfehlungen durch körperlich besonders Aktive um das rund Dreifache übertroffen werden, soll das Risiko für die Entwicklung von 13 Krebsarten um bis zu 42 Prozent sinken können – darunter Darm-, Lungen- und Brustkrebs mit je 16, 26 und zehn Prozent. Auch bei einer bereits vorliegenden Erkrankung kann Sport helfen. Brust- oder Darmkrebspatienten, die erst nach der Diagnose mit dem Training nach WHO-Empfehlungen begannen, konnten ihr Sterberisiko um circa 28 Prozent senken. Mehr als drei Stunden intensiver Sport pro Woche reduzierte die Sterbewahrscheinlichkeit nach einer Prostatakrebs-Diagnose um 61 Prozent.
Im Ärzteblatt ist nachzulesen, dass körperliche Bewegung neue Gehirnzellen sprießen lasse und so die Lern- und Merkfähigkeit verbessere, was der Entwicklung einer Demenz entgegenwirke. Eine Langzeitstudie zeige, dass Menschen mit einem hohen Fitnesslevel ein bis zu 88 Prozent geringeres Demenzrisiko aufweisen. Weiter heißt es, dass Sport auch die Konzentrationen von Dopamin, Serotonin und Noradrenalin im Blut erhöhe. Das aktiviere unser Belohnungssystem, was wiederum die Stimmung verbessere und Stressgefühle vermindere. Somit tauge körperliche Aktivität auch als effektives Mittel gegen Depressionen. Eine Studie zeige, dass 30 Minuten Joggen pro Woche ähnlich wirke wie ein Antidepressivum.
Und was sonst noch?
Weniger Stress, moderat und ausgewogen essen sowie der Verzicht auf Alkohol und Tabak zahlen ebenfalls auf das Lebenserwartungskonto ein. Und, für manche überraschend: Nicht zu oft in die Sonne gehen. „Wer übermäßig viel Sonnenlicht ausgesetzt ist, der wird Studien zufolge als älter eingeschätzt. Gleichzeitig ist die tatsächliche Lebenserwartung leicht verringert“, sagt Christoph Englert. Im Dunklen leben muss deshalb aber so gut wie niemand.
Der Körper brauche sogar eine gewisse Dosis an Sonnenlicht, um Stoffe wie Vitamin D zu produzieren und gesundheitsfördernde Botenstoffe freizusetzen. 15 Minuten direkte Sonne am Tag darf man sich also auch im Sommer gerne gönnen. Im Winter sollte man sogar mindestens eine Stunde täglich anstreben.